Markus Fuchs nimmt für die CDU-Fraktion Stellung zum "TOP 1: Beratung und Verabschiedung der Haushaltssatzung 2021" (20.1.2021)

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, Herr Bürgermeister, meine sehr geehrten Damen und Herren,
am 10. Oktober 2020 war in der Hockenheimer Tageszeitung folgendes zu lesen: „Die wohl schwierigste Altlast für den OB“. Gemeint war die ungelöste Situation des ehemals asbestverseuchten Geländes am Herrenteich.
Auch für uns als CDU-Fraktion ist der Herrenteich eine Altlast. Eine millionenschwere zudem. Sie ist aber leider nur eine von vielen, und aus unserer Sicht auch nicht die größte. Vielmehr sehen wir die äußerst prekäre Haushaltslage der Stadt als die größte Altlast und als das größte kommunalpolitische Problem. Seit Jahren bekannt, konnten wir nie wirklich einen Willen erkennen, das Problem anzugehen. Die Quittung bekommen wir nun: denn durch die Pandemie hat sich die Haushaltslage noch einmal weiter verschärft. Wäre die Stadt Hockenheim ein Betrieb, dann müssten wir uns um die Zukunftsfähigkeit ernsthafte Sorgen machen.
Doch warum haben wir überhaupt eine prekäre Haushaltslage? Auf den ersten Blick sieht es doch sehr gut aus: Anfang 2020 hatten wir Schulden in Höhe von ca. 21 Millionen Euro. Dem gegenüber standen Liquiditätsreserven in Höhe von ca. 37 Millionen Euro. Rein mathematisch hätten wir alle Schulden tilgen können und noch viel Geld übriggehabt.
Leider waren diese Liquiditätsreserven kein geplantes Ergebnis oder das Ergebnis umsichtigen oder klugen Handelns. Vielmehr wurde über Jahre hinweg Geld für dringend notwendige Investitionen eingestellt. Die Investitionen wurden jedoch gar nicht umgesetzt und das Geld somit auch nicht ausgegeben. Und jeder weiß, was passiert, wenn man notwendige Investitionen nicht vornimmt: sie verteuern sich, Jahr für Jahr. Und bei unserer Finanzlage tut uns das richtig, richtig weh.
Der vorliegende Haushaltsplan sieht bis Ende 2024 eine Erhöhung der Schulden auf 42 Millionen Euro vor – und damit finanzieren wir auch nur die notwendigsten Investitionen. Eine Alternative dazu sehen wir nicht, wenn wir nicht die Investitionen in Kindertagesstätten und Schulen reduzieren wollen (fast 24 Millionen Euro im Planungszeitraum).
Das zeigt, dass der Beschluss zur Aufhebung der Nachhaltigkeits-satzung im letzten Jahr richtig war, wenngleich uns dieser Beschluss immer noch wehtut. Allerdings sehen wir, dass die neue Verwaltungsspitze die finanzielle Situation sehr ernst nimmt. Und das ist dringend notwendig. Denn: trotz der deutlichen Zunahme der Verschuldung ist damit das Ende der Fahnenstange nicht erreicht. Mit der Realschule stehen geschätzte weitere 25-30 Millionen Euro an Investitionen an, die noch gar nicht im aktuellen Haushaltsplan eingestellt sind. Als CDU-Fraktion stehen wir ohne Wenn und Aber zur Realschule. Es wird aber mehr als nur guter Worte benötigen, um die genannte Investitionssumme aufbringen zu können.
Es tröstet uns auch nicht, dass es vielen anderen Kommunen genauso geht, vielen sogar noch deutlich schlechter.
Eine Patentlösung gibt es nicht, wenn wir nicht die kommunalen Steuern und Gebühren drastisch erhöhen und/oder die Ausgaben komplett zusammenstreichen. Folglich müssen wir uns alle – Oberbürgermeister, Verwaltung, Gemeinderat und die Bevölkerung – zusammenraufen und uns fragen, was uns wirklich wichtig ist. Es wird Veränderungen und Einschnitte geben müssen. Das war schon vor der Pandemie so, und ist nun drängender denn je geworden.
Wir haben deshalb im Rahmen der Haushaltsberatungen 12 Prüfvorschläge eingereicht, um die Haushaltslage zu verbessern. Es bleibt die Hoffnung, dass diese Vorschläge nicht von vornherein zerredet oder abgelehnt werden. Denn damit werden wir die Zukunft Hockenheims verspielen.
Kommen wir zur eingangs zitierten HTZ-Schlagzeile mit den Altlasten zurück. Neben dem Herrenteich und der prekären Finanzlage gibt es weitere Altlasten und Problemfelder, von denen gleich mehrere von der neuen Verwaltungsspitze mit sehr viel Engagement angegangen wurden.
An erster Stelle können wir den riesigen Rückstand an offenen Baugenehmigungen erwähnen, der innerhalb des letzten Jahres abgearbeitet wurde. Das Ergebnis kann jeder sehen, der mit offenen Augen durch Hockenheim fährt und die Anzahl der Baukräne zählt – es tut sich was! Erstmals seit Jahren wird es in Hockenheim einen deutlichen Zuwachs an Wohnraum geben, ohne dass es dazu eines Neubaugebiets bedurfte.
Über Jahre hinweg waren auch die Schulen ein riesiges Sorgenkind. Hier sehen wir nun mehr als nur das berühmte Licht am Ende des Tunnels: Die Container für die Hartmann-Baumann-Schule und die Schule am Kraichbach wurden in Rekordzeit aufgebaut - unser Dank geht an die Bauverwaltung für die tolle und schnelle Umsetzung. Die neue Hartmann-Baumann-Schule macht riesige Fortschritte und steht vor der Fertigstellung. Danach wird die Schule am Kraichbach saniert und die alten Riegelgebäude der Hartmann-Baumann-Schule abgerissen werden, sowie die Kernzeit der Pestalozzi-Schule endlich aus den Kellerräumen herauskommen. All das sind gute Nachrichten und sie zeigen, dass man Probleme lösen kann, wenn man sie beherzt angeht.
Gleiches gilt auch für die Digitalisierung – ein Thema, das in der Vergangenheit keine wirkliche Rolle gespielt hat und nun in einer kaum für möglich gehaltenen Geschwindigkeit an den Schulen und auch in der Verwaltung eingeführt wird, auch dank der Unterstützung von Bund und Land. Die Einstellung eines IT-Koordinators hat sich bewährt, und wir werden schon bald mehr zu sehen und hören bekommen. Stellvertretend für diesen rasanten Wandel sehen wir die geplante Umgestaltung des Bürgersaals: in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts erbaut und seitdem nur wenig verändert, wird dieser nun im 21. Jahrhundert ankommen.
Die viel zu späte Einführung der Doppik (=doppelte Buchführung) war ebenfalls eine Altlast, die erfolgreich angegangen wurde. Wir können nur erahnen, wie viel Zeit und Energie von der Finanzverwaltung diese Einführung gekostet und wie viel Arbeitskraft insgesamt in der Verwaltung gebunden wurde. Es hat sich als sehr schädlich erwiesen, die Einführung der Doppik so lange zu verzögern.
Seit Jahren haben wir einen Mangel an Kinderbetreuungsplätzen, vor allem für Kinder unter drei Jahren. Doch auch her ist viel in Bewegung gekommen. Die Kindertagesstätte (KiTa) in der Albert-Einstein-Straße macht riesige Fortschritte, der Waldkindergarten wird hoffentlich in Kürze starten können, und auch die ersten Planungen für gleich zwei neue KiTas im Gartenschau-Parkgelände stehen. Es war uns ein sehr wichtiges Anliegen, dass die Stadt auch Tagesmütter fördert, um somit das Angebot an U3-Plätzen zu erweitern.
Positiv erwähnen möchten wir auch die Entwicklung am Hockenheimring. Trotz Lock-Down und ohne Corona-Hilfsgelder hat es die Geschäftsleitung geschafft, den Hockenheimring durch ein außerordentlich schwieriges Jahr zu lenken, ohne dass die Stadt Hockenheim finanziell eingreifen musste. Das war im Vorfeld nicht zu erwarten.
Insgesamt können wir feststellen, dass viele der Altlasten und Probleme im letzten Jahr angegangen wurden. Und das liegt daran, dass die Verwaltung deutlich an Fahrt aufgenommen und die Schlagzahl erhöht hat. Von der neuen Verwaltungsspitze kommen viele und neue Impulse. Daran mussten wir uns als Gemeinderat erst gewöhnen, war es doch in der Vergangenheit anders.
Bereits jetzt gibt es die ersten Stimmen im Gemeinderat, denen das zu schnell geht. Aber der Rückstand in Hockenheim ist einfach riesengroß gewesen. Und wenn wir die Zukunft Hockenheims nicht weiter verschlafen, sondern gestalten wollen, dann müssen wir die Ärmel hochkrempeln. Das ist uns bei den Schulen und den Kindertagesstätten bisher gut gelungen. Nun muss es aber auch bei der Finanzpolitik gelingen. Und dazu stehen wir als CDU-Fraktion bereit!
Die Coronakrise hat auch die Stadtwerke hart getroffen. Hier wurden rasch Maßnahmen zur Einhaltung der Hygienevorschriften ergriffen, um auch im Ernstfall weiterhin Bürgerinnen und Bürger versorgen zu können. Es hat sich gezeigt, dass die Grundversorgung der Hockenheimer Bevölkerung auch in Krisenzeiten gewährleistet werden kann.
Doch das Aquadrom ist und bleibt weiterhin ein Sorgenkind #1 bei den Stadtwerken: Mit über 3 Millionen Euro hat das Aquadrom eine Defizithöhe erreicht, die für die Stadtwerke lebensbedrohlich werden kann. Seit Jahren steigt das Defizit des Aquadroms, und seit Jahren wird der Gewinn der Stadtwerke aufgezehrt. Die Pandemie hat auch diese Entwicklung noch einmal verschärft.
Bestand Mitte des Jahres noch Hoffnung auf eine Wiedereröffnung im Januar 2021, so wurde diese im Herbst zunichtegemacht. Die Krise wurde zwar genutzt, um weitere Investitionsmaßnahmen durchzuführen. Doch ohne Besucher bleiben die Einnahmen aus, das Defizit wird größer.
Wir werden uns ernsthaft darüber Gedanken machen müssen, ob beispielsweise eine Reduzierung der Aquadrom-Beckenflächen zukünftig helfen könnte, das Defizit nachhaltig zu senken.
Als CDU-Fraktion stimmen wir dem vorliegenden Haushaltsentwurf und dem Wirtschaftsplan der Stadtwerke zu und danken gleichzeitig allen Beteiligten für die Ausarbeitung und Darstellung der Zahlen, insbesondere unserem Kämmerer Rolf Fitterling.
Wir möchten uns ausdrücklich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung und der Töchter bedanken, dass sie in Zeiten wie diesen die Funktion der Stadt garantieren – es hat sich einmal mehr gezeigt, wie wichtig die kommunale Selbstverwaltung für das Funktionieren unseres Staates ist.
Bleiben Sie alle gesund! Vielen Dank.

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