Olav Gutting: In Afghanistan geht es jetzt darum, Schutz und Hilfe in der Region sicherzustellen

Hockenheim. Er gilt als einer der profiliertesten Außenpolitiker Deutschlands. Wieso dies so ist, machte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, der CDU-Bundestagsabgeordnete Norbert Röttgen, bei einer Online-Veranstaltung der CDU Hockenheim deutlich, als er in einer sehr prägnanten Rede die zunehmende Rolle Chinas in der Welt und die Geschehnisse in Afghanistan analysierte. Dabei zog er auch Schlussfolgerungen für die zukünftige Politik der Europäischen Union.

Zahlreiche Bürger begrüßte Patrick Stypa als Vorsitzender der CDU Hockenheim zur Online-Veranstaltung. Sein Dank galt insbesondere dem CDU-Bundestagsabgeordneten Olav Gutting, der die Veranstaltung vermittelt hatte und gemeinsam mit Norbert Röttgen für die Diskussion über die aktuelle Außenpolitik zur Verfügung stand.

Weil sich die Welt derzeit im Umbruch befinde, sei es - Röttgen zufolge - immer wichtig, den größeren Kontext zu verstehen. Das helfe, die Auswirkungen bestimmter außenpolitischer Ereignisse begreifen zu können: „Wir befinden uns in einer historischen Zeit, in einer Zwischenperiode, bei der die Nachkriegsordnung als vertraute Ordnung zu Ende geht“, so Röttgen. China trete bereits seit längerer Zeit mit dem Anspruch auf, die amerikanisch geprägte Ordnung durch eine eigene Ordnung zu prägen, die nichts mit der westlichen, liberalen und demokratischen Ordnung zu tun habe. Deswegen kenne die amerikanische Außenpolitik derzeit nur ein Thema, nämlich China.

Der Abzug aller Truppen von Nato-Mitgliedsstaaten „ist ein politisches und moralisches Scheitern des Westen, der eine Zäsur in der Außenpolitik darstellt und dessen geopolitisch strategischen Folgen derzeit nicht zu ermessen sind“, analysierte der CDU-Außenpolitiker die Situation. „Die derzeitige katastrophale Situation in Afghanistan ist ohne Not politisch herbeigeführt worden und das, obwohl zuvor mit einem vertretbarem Aufwand eine relativ stabile Lage geschaffen wurde. US-Präsident Biden hat jedoch die Entscheidung, die amerikanischen Truppen aus Afghanistan abzuziehen, nicht nach außenpolitischen, sondern nach innenpolitischen Gesichtspunkten getroffen.“
Auch wenn die Ursache für diese Katastrophe bei der willkürlichen Außenpolitik seines Amtsvorgängers Donald Trump zu suchen sei, so habe Biden es verpasst, ein verlässliches und vor allem berechenbares Ausstiegsszenario vorzubereiten.

Als die Provinzhauptstadt Kundus fiel, habe Röttgen vorgeschlagen, den Vormarsch der Taliban zusammen mit den Amerikanern bis zum Winter zu stoppen, um die Taliban zu Verhandlungen zu zwingen. Leider habe sein Vorschlag keine Zustimmung, sondern teils deutliche Ablehnung erfahren, berichtete der CDU-Außenpolitiker, der den Grund für die aktuelle Entwicklung in einer Fehleinschätzung sehe: Man habe sich allein auf das gute Szenario verlassen, in dem Kabul nicht fallen würde und die eigene Widerstandskraft der afghanischen Armee ausreichend stark sei.
„Die Einschätzung der Lage war maximal falsch. Doch im Stich gelassen wurde das afghanische Volk von der eigenen Armee und der eigenen korrupten Regierung. Jetzt geht es darum Schutz und Hilfe in der Region sicherzustellen – ganz im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention“, erklärte Olav Gutting.

Die aktuellen Ereignisse, welche die Glaubwürdigkeit der Amerikaner stark beschädigten, wirkten sich laut Röttgen auch auf andere Spannungsgebiete aus: China, das Taiwans Unabhängigkeit nicht akzeptiere und es deswegen zu einem Teil Chinas machen wolle, warne nun Taiwan, sich nicht auf die USA verlassen zu sollen. „Es ist ein internationales Machtvakuum entstanden“, stellte der CDU-Politiker fest.

Doch für die Situation in Afghanistan trügen nicht nur die USA die Verantwortung, sondern auch die Europäische Union. „Wir haben eine vollständige europäische Ohnmacht gesehen, die sich auch in einem fehlenden europäischen Willen zur Selbstbehauptung zeigt“, fasste es Röttgen zusammen. Man sei allein der US-Politik gefolgt, ohne eine eigene Linie zu entwickeln. „Als Konsequenz muss die europäische Ohnmacht überwunden werden, die entsteht, weil innen- und machtpolitische Gründe in europäischen Staaten eine gemeinsame europäische Außenpolitik verhindern“, konstatierte Röttgen gerade im Hinblick auf die Alleingänge mancher Staaten. Weiterhin fügte er hinzu: „Es ist ein Irrglaube, in Ausnahmefällen auf militärische Mittel verzichten zu können“, weil autokratische Staaten gerade auf diese europäische Haltung spekulierten und deswegen auch auf militärische Mittel setzten.

In der anschließenden Diskussion wurde die Rolle der Bundesregierung kritisch hinterfragt. So wollte Markus Fuchs wissen, welche Rolle dabei der SPD-Außenminister Heiko Maas spiele. „Wenn sich bewahrheitet, dass der Außenminister Ratschläge seiner Mitarbeiter in der Botschaft oder im Außenministerium in dieser Frage in den Wind geschlagen hat, müsste er die Verantwortung für das Desaster übernehmen und noch vor der Bundestagswahl zurücktreten“, erklärte Olav Gutting dazu.

Nach der angeregten Diskussion mit zahlreichen Bürgerfragen bedanke sich Stypa bei den beiden CDU-Bundestagsabgeordneten Norbert Röttgen und Olav Gutting und wies noch auf die am 26. August stattfindende Radtour mit Olav Gutting hin (Treffpunkt: 18.30 Uhr, Zehntscheune).

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